Die „schwere Geburt“ im Sommer 1958 entwickelte sich zu einem Mädchen, das heute „möppelig“ genannt und damals als „pumperlgesund“ gelobt wurde. Mit überbordender Neugierde und – der Legende nach- ersten Interview-Versuchen mit der Handbrause. Vieles war nicht so märchenhaft wie der Name der Siedlung im Kölner Vorort suggerierte: Enge im Haus, aufgeschlagene Knie auf dem Pflaster, die Wut eines Rumpelstilzchens nicht erwünscht. Und Rotkäppchen träumte an den Karnevalstagen von Plättchen-Revolver und Cowboy-Hut.
Karl-May-Bücher ausleihen durfte das gut benotete Mädchen ab der dritten Klasse nachdem es zum Rektor zitiert worden war. Das erweiterte den Horizont, vertrieb Wüstensand der Langeweile und weckte Hunger auf die endlosen Weiten des Lesens. Bis heute bekommt sie nicht genug davon. Das Mädchengymnasium wurde nur langsam „koedukativ“ und öffnete ihr Türen zur bildenden Kunst von Grafik bis Action. Bizarre Begegnungen in Begleitung einer Lehrerin Anfang der siebziger Jahre inklusive. Dazu ehrenamtlich Kinder-Betreuung bei den Hausaufgaben, aber auch während Ferien in Südtirol. Jugendchor, erste Liebesversuche, verbunden mit Notizen an den Tagen, an denen die Verzweiflung anders nicht zu fassen war.
Ein Lehramts-Studium wie viele andere, am Ende mit dem Mut einer schlaflosen Nacht die Bewerbung für ein Volontariat, eingeladen zum Auswahltag und ein Platz bei KNA in Bonn. Erstes Auto ein R5, dazu eine erstklassige Ausbildung, weil der ersten VolontärIN am Regierungssitz sehr viel zugetraut wurde. Morgens im knallroten Angora-Pullover zur Bischofskonferenz, nachmittags PK über Bootsflüchtlinge (, die gab es damals auch schon) und am nächsten Tag in einen integrativen Kindergarten. Daneben erste Rundfunkbeiträge und Einladungen zur Mitarbeit durch andere Redaktionen. Nicht entwickelte Foto-Filme mussten manchmal spät abends zum Post-Waggon eines Zuges gebracht werden, damit sie rechtzeitig die Bildagentur erreichten.
Vier Monate in Paris – Sprachkurs und Zeitungspraktikum – leiten den langen Abschied aus einer erster Ehe und der katholischen Binnenwelt ein. Um in der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks, später im WDR, der Deutschen Welle und wieder im Deutschlandfunk anzudocken. Das „Standbein“ sorgt für Sicherheit und lässt beruflich Spielraum etwa für Fernsehversuche und Buchprojekte. Privat entstehen neue Freundschaften und eine Beziehung, die nach über 30 Jahren immer noch für Überraschungen gut ist.
Eine große Sehnsucht Rotkäppchens spiegelte sich in der kindlichen Sammlung von Postkarten mit Hundeporträts wider. Bis vor zehn Jahren der Wunsch in Erfüllung ging, und Mischlingshündin „Funny“ als Welpe zu uns kam. Bis heute temperamentvoll, neugierig, menschenbezogen – es begann mit einer Anzeige im „Tiermarkt“, ausgerissen aus der Tageszeitung. Zettelskrom eben.
