Ihr Name war Programm. Über 13 Jahre flitzte sie vor, neben und selten hinter uns her: durch die kleine Welt mit Wiesen, Wasser, Wäldern und der City Kölns, aber auch durch Europa von der polnischen Ostseeküste bis zu der Insel Texel und der Bretagne, durch die Alpen und Umbrien. Von klein auf nutzte sie Auto, Bus, U-Bahn, Zug und Schiff. Da reichten ihr in fremden Zimmern eine Matte und natürlich der Napf.
Zuhause kam sie morgens wedelnd aus ihrer „Kiste“, die eigentlich zum Fliegen gedacht war. Seit dem 30. Juni ist es nun still im Haus, stumm steht das Staubsauger-Duo in der Ecke, keine Haare und Pfoten-Abdrücke mehr. Auf dem Rasen keine Frisbee-Scheibe und kein Futterbröckchen. Junge Spatzen haben Samen aufgepickt, doch langsam wächst Gras über die Stelle, wo Funny jetzt liegt.
An ihrem letzten Tag stand sie nicht mehr auf, gegen die Schmerzen half kein Medikament mehr. Sie hob nicht wie sonst den Kopf beim leisesten Geräusch aus der Küche, ignorierte feinste Leberwurst. Die Tierärztin kam nach Hause und schläferte sie ein.
Nach zwei Wochen fließen immer noch Tränen. Wir staunen, wie viele Funny kannten und ihre Erinnerungen mit uns teilen: vom Mantrailing auf Texel, von stürmischen Begrüßungen und wilden Wettrennen auf der Hundewiese. Sie war nimmersatt, doch nach meinem Schlaganfall brachte sie mir keuchend ein komplettes Huhn, das wohl ein Raubvogel fallengelassen hatte. Funny konnte sanft sein mit Kindern, Menschen mit Handicap und beim Besuch im Hospiz.
Nein, unser Hund war kein Ersatz für Kinder, aber ein Familienmitglied und Lebewesen mit Gefühlen, eigenen Ideen und einem guten Gedächtnis für Menschen und Situationen, die gut für sie waren. Was Funny uns gezeigt hat:

Wünschen lohnt sich
Als Kind hatte ich keinen Teddy, sondern den Steiff-Plüschhund „Floppy“, sammelte Hundepostkarten. Wenn Kinder im Bus Funny treffen und streicheln, frage ich, ob sie auch gerne einen Hund hätten. Sie nicken und listen die Gründe dagegen auf – von Zeit- und Platzmangel bis zu Tierarzt-Kosten, Urlauben und Allergien. Mein Rat: „Haltet fest an dem Wunsch nach einem Hund. Seht mich an. Über 50 musste ich alt werden, bis es funktionierte und Funny in unser Leben kam.“
Einfach öfter schütteln und gähnen
Ein Vortrag über Stress und belastende Arbeitsbedingungen im Journalismus durch die dauernde Konfrontation mit Gewalt und Katastrophen. Die Referentin verweist darauf, dass Hunde sich heftig schütteln, um Spannungen abzubauen oder ungeniert gähnen. Ausschütteln kenne ich nur nach Gymnastik- oder Atemübungen. Da sollte ich mir ein Beispiel am Hund nehmen. Und mich nicht ärgern etwa über schwarze Haare im Buchregal.
Funny first
Funny braucht kein Narrativ wie das vom Säbelzahntiger, um sich auf alles Fressbare zu stürzen. Weggeworfene Brötchen, das Stück Kuchen auf einem Trafo-Kasten, die umgekippte Tüte Trockenfutter. Zuhause wird der gefüllte Napf schnell geleert. Da zählt nur der Augenblick, auch wenn sie längst die täglichen Routinen kennt. Funny first – das ist für sie klar, wo ich oft erst noch Gedanken-Knäuel entwirren muss.
Freundlichkeit zahlt sich aus
Kaum ein Spaziergang morgens oder abends, ohne dass wir jemand aus der Nachbarschaft treffen. Da macht Funny gerne einen Knicks. Ab und zu staubt sie Leckerchen ab oder wird gestreichelt. Dafür nimmt sie auch missgünstige Blicke anderer Hunde oder Katzen in Kauf. Für mich fallen Gespräche ab. So gab es etwa für uns Menschen vom Nachbarn Stauden-Ableger für den Garten.
Kläffer einfach ignorieren
Kleine Hunde haben öfter als große die Angewohnheit, hysterisch zu kläffen. Funny würdigt sie keines Blickes oder gar Bellens und schreitet gelassen weiter. An Gründe wie den, dass die kleinen Kläffer auf den Arm genommen werden und sich dann für den größten Hund der Welt halten, verschwendet sie keinen Gedanken. Auch mich lassen pöbelnde Menschen im Gedränge oder in Schlangen immer öfter kalt

Niemand geht verloren
Mit den Eltern, einem Weimaraner und einer Golden Retrieverin, ist Funny genetisch disponiert für die Jagd, bevorzugt aber die zivilisierte Menschensuche – das sogenannte Mantrailing mit meinem Mann am anderen Ende der langen Leine. Ein kurzes Schnüffeln an einer getragenen Socke und sie stürmt los, die vermisste Person aufzustöbern. Ob hinter Müllcontainern, im Buschwerk, in einem Tierkostüm oder in der Einkaufspassage – Funny findet alle, kassiert die Belohnung und lässt sich loben.
Ohne Vorurteile – der richtige Riecher
Funny hat ihr eigenes hündisches System Menschen zu begegnen. Schrille Bemerkungen und abwehrende Gesten gegen die eigene Spezies lassen sie auf Distanz gehen. Anderen begegnet sie freundlich und neugierig. Auch Menschen, die ihre Habe in Taschen mit sich führen, die auf einer Bank mit einem Bier auf ein anderes Leben zu warten scheinen oder solche, die mit ihren Worten durcheinandergeraten. Die unvoreingenommene Nähe und die Berührungen tun beiden gut.
Tiere trösten
Seit Funny hier lebt, fällt uns im Fernsehen auf, wenn in ukrainischen Trümmern Hunde herumstreunen oder Flüchtende eine Katze auf dem Schoß halten. Zu einer Demonstration gegen den Überfall auf die Ukraine hatte ich im ersten Mai des Krieges Funny mitgenommen, die viele Blicke auf sich zog. Ich erfuhr Flucht-Geschichten über zurückgelassene Verwandte und Haustiere. Funny stand ruhig in der Menge und ließ sich streicheln. Ein junger blinder Mann fragte mich auf Englisch über den Hund aus, den er währenddessen abtastete.
Schwäche zeigen dürfen
Als junger Hund pflegte Funny neben uns auf dem Balkon das Silvester-Feuerwerk und die Knallerei zu beobachten. Mit den Jahren ist sie ängstlich geworden, drückt sich an Mitternacht im dunklen Zimmer in den kleinsten Spalt und zittert. Zu aufgeregt für Leckerchen. Streicheln und Nähe helfen. Vor Elefanten oder Kamelen, denen sie auf dem Gelände um einen Wanderzirkus begegnet, fürchtet sie sich nicht. Aber Fliegen oder Bienen nerven sie, und wir sind zu mehr oder erfolgreichen Kammerjägern für sie geworden.
Von wegen nur noch zuschauen
Mit grauer Schnauze und staksigem Gang sah Funny auf der Wiese ein Exemplar ihrer bevorzugten Rasse größerer Rüden, einen zweijährigen Irish Setter mit gelocktem Brusthaar. Sie flitzte zu ihm, umrundete ihn, schlug raffiniert Haken, bis er sich erhob und sie sich beschnuppern konnten. In ihrer Jugend hatte die Angeberin noch Löcher ausgehoben und Wettrennen initiiert. Jetzt wusste sie nicht, dass es ihr letzter Flirt und das letzte Bad im Bach gewesen war. Christel Boßbach

Schön das ich Funny kennenlernen durfte. Was bleibt sind die gemeinsamen Wanderungen, sie war voller Energie, liebte das Wasser, hatte keine Angst, sprang rein und tummelte sich. Hunde sind einfach nur tolle Begleiter und lieben Herrchen und Frauchen heiss und innig.
Mach’s gut Funny
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Liebe Christel
das ist ein sehr schöner „Nachruf“ auf Funny. Alles Liebe
Ulrike
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Ach Christel, das tut mir so leid! Ich weiß, wie weh das tut. „Meiner“ hieß Rex und ich bin quasi zwischen seinen Pfoten groß geworden! Vergessen hab ich ihn bis heute nicht.
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