In den Tiefen des Internets existiert noch das Video mit schwarzen und blonden Welpen in einem Garten, „geboren am 5.3.2011“ . Zwei Monate später lernten wir sie in Viersen kennen und nahmen eine gleich mit. Ihr Name „Funny“ ist ihr Lebensmotto, spontan verkündet von meinem Mann, als es um den Eintrag in den Hunde-Ausweis ging. Nun ist sie 12 Jahre alt, wie immer wartet der Futternapf, denn die beiden streifen noch kilometerweit durch den Wald und entlang der Felder am Stadtrand.

Wünschen lohnt sich
Als Kind hatte ich keinen Teddy, sondern den Steiff-Plüschhund „Floppy“ und sammelte Hundepostkarten. Wenn jetzt Kinder im Bus Funny treffen und streicheln, frage ich, ob sie auch gerne einen Hund hätten. Sie listen die Gründe dagegen auf – von Zeit- und Platzmangel bis zu Tierarzt-Kosten, Urlauben und Allergie. Was natürlich alles zu bedenken ist. Trotzdem rate ich: „Haltet fest an dem Wunsch nach einem Hund. Seht mich an. Über 50 musste ich alt werden, bis es klappte und Funny in unser Leben kam.“
Einfach öfter schütteln und gähnen
Neulich ein Vortrag über Stress und belastende Arbeitsbedingungen im Journalismus durch die dauernde Konfrontation mit Gewalt und Katastrophen. Die Referentin verwies darauf, dass Hunde sich heftig schütteln, um Spannungen abzubauen oder ungeniert gähnen. Ausschütteln kenne ich nur nach Gymnastik- oder Atemübungen. Da sollte ich mir ein Beispiel am Hund nehmen. Und mich nicht länger ärgern, dass Funnys schwarze kurze Haare sich selbst in zwei Meter Höhe im Buchregal finden.
Funny first
Funny braucht kein Narrativ wie das derzeit beliebte vom Säbelzahntiger, um sich auf alles Fressbare zu stürzen als gäbe es kein Morgen. Weggeworfene Brötchen, das Stück Kuchen auf einem Trafo-Kasten, die umgekippte Tüte Trockenfutter. Zuhause werden der gefüllte Napf oder der Knochen verteidigt. Da zählt nur der Augenblick, auch wenn sie längst tägliche Routinen und Rituale kennt wie das Stück altes Brot zum Frühstück. Funny first- das ist für sie klar, wo ich oft Gedankenknäuel entwirren muss.
Freundlichkeit zahlt sich aus
Kaum ein Spaziergang morgens oder abends, ohne dass wir jemand aus der Nachbarschaft treffen. Da macht Funny gerne einen Knicks, lässt sich begrüßen. Ab und zu staubt sie Leckerchen ab oder wird gestreichelt. Dafür nimmt sie auch missgünstige Blicke anderer Hunde oder Katzen in Kauf. Für mich fallen Gespräche ab. Es gab für uns Menschen aber auch schon das Wild-Angebot eines Jagdpächters oder vom Nachbarn Stauden-Ableger für den Garten.
Kläffer einfach ignorieren
Kleine Hunde haben öfter als große die Angewohnheit, mehr oder weniger hysterisch zu kläffen, wenn sie Funny sehen. Die würdigt sie keines Blickes oder gar Bellens, sondern schreitet gelassen weiter. An Gründe wie dem, dass die kleinen Kläffer auf den Arm genommen werden und sich dann für den größten Hund der Welt halten, verschwendet Funny keinen Gedanken. Auch mich lassen pöbelnde Menschen im Gedränge oder in Schlangen immer öfter kalt.
Niemand geht verloren
Mit den Eltern, einem Weimaraner und einer Golden Retrieverin ist Funny genetisch disponiert für die Jagd, bevorzugt aber die Menschensuche – das sogenannte Mantrailing mit meinem Mann am anderen Ende der langen Leine. Ein kurzes Schnüffeln an einer getragenen Socke und sie stürmt los, die vermisste Person aufzustöbern. Ob hinter Müllcontainern, im Buschwerk, in einem Tierkostüm oder in der Einkaufspassage – Funny findet alle, kassiert die Belohnung und lässt sich loben. Übrigens hat sie ein- oder zwei Mal auch eine Hundefreundin gefunden.

Ohne Vorurteile – der richtige Riecher
Funny hat ihr eigenes hündisches System Menschen zu begegnen. Schrille Bemerkungen und abwehrende Gesten gegen die eigene Spezies lassen sie auf Distanz gehen. Anderen begegnet sie freundlich und neugierig: Menschen, die ihre Habe in Taschen mit sich führen, die auf einer Bank mit einem Bier auf ein anderes Leben zu warten scheinen oder solche, die mit ihren Worten durcheinandergeraten. Die unvoreingenommene Nähe und die Berührungen tun beiden gut.
Tiere trösten
Seit Funny hier lebt, fällt uns im Fernsehen auf, wenn in Trümmern ukrainischer Straßen Hunde herumstreunen oder Flüchtende eine Katze auf dem Schoß halten. Zu einer Demonstration gegen den Überfall auf die Ukraine hatte ich im Mai Funny mitgenommen, die viele Blicke auf sich zog. Ich erfuhr Flucht-Geschichten über zurückgelassene Verwandte und Haustiere. Funny stand ruhig in der Menge und ließ sich streicheln. Ein junger blinder Mann fragte mich auf Englisch über den Hund aus, den er währenddessen abtastete.
Schwäche zeigen dürfen
Als junger Hund pflegte Funny neben uns auf dem Balkon das Silvester-Feuerwerk und die Knallerei zu beobachten. Mit den Jahren ist sie ängstlich geworden, drückt sich an Mitternacht im dunklen Zimmer in den kleinsten Spalt und zittert. Zu aufgeregt für Leckerchen. Streicheln und Nähe helfen. Vor Elefanten oder Kamelen, denen sie auf dem Gelände um einen Zirkus begegnet, fürchtet sie sich nicht. Aber Fliegen oder brummende Bienen nerven sie, und wir sind zu mehr oder erfolgreichen Kammerjägern für sie geworden.
