„It’s a Good Day“ oder vom Ringen um andere Perspektiven

In diesem Sommer vermisse ich oft die Leichtigkeit. Die hatte sich in den Jahren davor ohne Anstrengung eingestellt durch Zutaten wie Wärme, Eis, Wellen, die auf dem Meer, einem See oder einer Talsperre schaukelten, und der Schauer der Tropfen, die der dem Bach entsteigende Hund versprühte. Szenen und Bilder, die dann doch verdächtige Nähe zu der Flut der Eindrücke und eben auch der Illusionen vom perfekten Sommerglück aufweisen, die sich im Netz aufdrängen. Um Neid und Wünsche zu wecken, genau an diesen Orten zur Zeit des Sonnenuntergangs – oder des Sonnenaufgangs vor Bergkulisse- auch zu sein.

Spätestens da drängen sich die Bus-Ladungen anderer ins Bewusstsein, die ebenso das als grandios beworbene Silvester-Feuerwerk auf Madeira, den Berggipfel, die Oldtimer-Rallye sehen wollen. Dann ist es nicht weit zu den stundenlangen Staus am Brenner oder der Kette wartender Maschinen auf dem Rollfeld, als Flüge noch normal waren. Die Ferienwohnung, die mit Möbeln der Großeltern ausgestattet zu sein schien, oder…

Diesen Sommer habe ich fast vollständig in Köln verbracht, im Vorort, wo die Äpfel lieber vom Baum fallen als aufs Pflücken zu warten. Sie landen bereinigt in Apfelkuchen und Kompott oder werden verschenkt. Auf dem Schreibtisch sammelt sich nicht nur der Zettelskrom. Bis vor wenigen Tagen wartete auch die „Elster“ auf unser Futter aus Steuer-Belegen. Der Gesangskurs macht Sommerpause. Wie gut, dass der Solarstrom vom Dach das Radio betreibt. Der Hund fehlt, dem ich auf der Morgenrunde oft die Zeile oft vorgesungen habe: „Now you call me as I walk into the morning of your life…“- Dankbarkeit spüre ich selbst beim Summen und Schreiben.

Pflicht und Vergnügen auch auf dem Schreibtisch

Dankbar bin ich auch für die vielen Songs (und ein französisches Chanson) in meinem Kopf, deren Texte und Melodien meiner Schwester und mir das Lernen der Sprache leichter machten. Vor zwei Jahren erst stieß ich auf eine kleine „dummy melody“, die Sängerin und Songwriterin Peggy Lee bei der Hausarbeit einfiel, wie sie im Interview erzählt hat: „It’s a Good Day“. Das war 1946, damals war die 1920 in Norddakota geborene Peggy Lee Sängerin der Benny-Goodman-Band. Sie singt, dass es ein guter Tag sei vom Morgen bis zur Nacht, um die Schuhe zum Glänzen zu bringen, alles zu erreichen und nichts zu verlieren, die Krankheiten zu kurieren, tief durchzuatmen und die Pillen wegzuwerfen. Vieles wird aufgezählt, was mehr Pflicht als Vergnügen ist.  Danke, dass sich der gesamte Text im Internet findet wie der Hinweis, dass von Peggy Lee, die 2002 in Los Angeles starb, auch der Welthit „Fever“ stammt. Was dann ein anderes Thema wäre. Ich beschränke mich diesen Sommer auf gute Tage, einen nach dem anderen. CB