Ende Juli haben die so genannten Hundstage begonnen, die aber nichts mit den konkreten Vierbeinern zu tun haben, die derzeit gerne auf kühlen Stein- und Fliesenböden ruhen und nur im schattigen Wald herumflitzen. Die heißesten Tage des Jahres sind sie aus meteorologischer Sicht auch nicht. Der Name stammt aus römischer Zeit und bezieht sich auf das Sternbild „Großer Hund“ und den Doppelstern Sirius. An den Hundstagen ging Sirius gemeinsam mit der Sonne auf und unter. Jahrhunderte später beginnt diese astronomische Periode erst Ende August. Mehr Infos lassen sich im Internet finden.
Hier nun drei der Hitze und der politischen Lage in diesem Sommer 2022 abgetrotzte Texte.
Hunde-Suche
Der Schneider, der so genial Löcher flicken und Reißverschlüsse reparieren kann, erwägt den Kauf eines Hundes. Das Gespräch dreht sich um Hundesteuer, Haftpflicht, Futter – und die Suche nach einem nicht haarenden Pudel im Internet oder über Bekannte, die Bekannte haben, die günstig einen Welpen beschaffen könnten. Da sträuben sich mir die Nackenhaare so, als träfe mein freundlicher Hund eine bissige Bestie. Wir sind allein zwischen Kleiderständern und Nähmaschinen. Ich packe das ganze Argumentations-Besteck meines nun schon elf Jahre währenden Lebens mit Funny aus: Zucht-“Fabriken“ geldgieriger Händler, die Gefahr von Erbkrankheiten und „Macken“, wenn der „Genpool“ immer kleiner wird. Das Risiko, dass der teure Welpe doch nicht reinrassig ist. Für eine Anfänger-Familie die Vorteile eines erwachsenen Hundes, der noch etwas Erziehung braucht. Dass die Tierheime auch junge Hunde vermitteln, ohne dafür Reklame zu machen. Die Menschen dort haben auch genug Tier- und Menschenkenntnis, um die Kombination zu ermitteln, die beide Seiten glücklich werden lassen kann. Dazu der einzigartige Charme und die Robustheit der Mischlinge.
„Das ist mein Kind ja eigentlich auch“ – unterbricht der Schneider mit einem breiten Strahlen im Gesicht meinen Redefluss, als ich tief durchatmen muss. Er sei schließlich Kurde und die Familie seiner Frau stamme aus Polen. Selbsterkenntnis hat eine größere Wirkung als meine Argumente. CB

Vorräte für den Winter
Der Apfelbaum im Garten hat sich vorigen Monat verletzt. Ein Sturmstoß hat einen der Hauptäste fast abbrechen lassen. Eine Amputation war unumgänglich, viele noch nicht reife Äpfel wanderten auf den Kompost. Eine traurige Folge werden weniger selbst gemachter Kompott für das Vorrats-Regal und Saft-Boxen von der mobilen Most-Kelterei sein. Dafür gibt es auf Facebook jetzt Gruppen, die sich mit dem Thema Einmachen beschäftigen. Sie stoßen auf großes Interesse, denn viele befassen sich offenbar das erste Mal mit den Möglichkeiten, in Weck-Gläsern und aufbewahrten alten Gläsern mit Schraubdeckeln Vorräte für den bevorstehenden Winter einzuwecken. Da werden Abkürzungen erläutert wie EKA – Einkoch-Automat oder stattdessen die Nutzung des Backofens empfohlen. Vieles ist mir vertraut aus der Kindheit mit großem Garten, mit Obstbäumen und Gemüse-Beeten. Aber neu hinzugekommen sind Ideen etwa aus der italienischen Küche, die sich lohnen ausprobiert zu werden.

Corona und Verbrechen anderswo
Die Nachrichten sind manchmal schwer zu ertragen, die Vernunftsentscheidung auf Reisen zu verzichten (wegen Klima, Corona, Krieg) ist anstrengend trotz Garten und Vorort. Bücher können mich in ferne Gegenden „beamen“. Deshalb der Griff zum neuen Jerusalem-Krimi von Alfred Bodenheimer, dem ersten Fall der Polizeipsychologin Kinny Glass. Spannend, während des Lesens die eine oder andere Ecke Jerusalems zu erkennen bei der Suche nach dem Mörder einer Knesset-Abgeordneten und ihres Mannes mitten im Lockdown. Sie waren befreundet mit Kinny, private mischen sich mit den gesellschaftlichen und politischen Schwierigkeiten in Israel. Der Autor ist in Basel Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte, lebt aber auch in Jerusalem und schrieb bisher Krimis mit einem Zürcher Rabbi als Hauptfigur. Bodenheimer meint selbst, der Fall in Jerusalem sei kein „beinharter Blutkrimi“ sondern eher eine „Gesellschaftsparabel“.
Alfred Bodenheimer, „Mord in der Straße des 29. November- ein Jerusalem-Krimi“, Kampa-Verlag, Zürich
