Der besorgte Post eines „primos“*) aus Brasilien: „Hallo, wir verfolgen die schlimmen Nachrichten…wie geht es euch? Wurde jemand von eurer Familie betroffen?“ Ich kann ihn beruhigen, der Keller im Kölner Vorort ist trocken geblieben. Erschreckend die Medienberichte und die Infos aus der Eifel, manche trauern um tote Bekannte oder Verwandte, andere melden „nur“ den Verlust des Autos. Oder die Sülz, ein Bach, in dem ich als Kind bei den Großeltern die Füße gekühlt habe und der zum reißenden Strom in mancher Orts-Mitte geworden ist.
Der brasilianische primo Marcos lebt im Süden des Landes in Blumenau. Mehrmals hat die Stadt mit der deutschen Einwanderer-Geschichte Überschwemmungen erlebt. Um Hilfen zu finanzieren entstand die Idee, ein „Oktoberfest“ zu veranstalten, heute das größte landesweit. Ich habe vor einigen Jahren das Festgelände bei einem Besuch im April gesehen: eine leere versiegelte Fläche.
Eine Schlagzeile vom Wochenende nach dem Dauerregen hier: „Andere Stadtplanung beim Wiederaufbau nötig.“

Foto: Joachim Heine
Frei-Flächen
Das Foto entstand am Strand von Texel – Sandflächen soweit das Auge reicht, kleine Priele können sich bilden. Wenn die Flut kommt, reicht das Wasser mitunter bis zu den Dünen, hinter denen sich Tulpen-Felder ducken. Meistens zumindest. Hier um Köln können Bäche alle paar Jahre zu viel Regenwasser nicht mehr in ihrem „Bett“ halten und überschwemmen umliegende Wiesen und Felder überschwemmt. Jetzt stehen dort vielerorts Wohnsiedlungen. Mit „Wohnen am Strom“ haben die Bau-Entwickler schon vor Jahrzehnten geworben für Immobilien direkt neben den Poller Wiesen, die der Rhein regelmäßig bei Hochwasser heimsucht. Und linksrheinisch Richtung Bonn ist so manches Gemüsefeld umzingelt von Beton oder ganz aufgegeben. Dafür sind Swimmingpools der Renner in vielen Gärten geworden in diesem Jahr – zumindest vor dem großen Regen. An Anschauungsmaterial mangelt es nicht. Aber eine Wende?
*) primos und primas sind eigentlich Cousins und Cousinen. Die Nachfahren der um 1860 aus dem Bergischen Land ausgewanderten Verwandten nennen sich alle so. Mich auch wie ich bei einem Besuch feststellen konnte. Die primas und primos meiner Generation waren noch auf einem Internat, wo sie auch Deutschunterricht hatten. Von den Jüngeren kommen einzelne nach Berlin, nicht nur, aber auch um die Sprache zu lernen – und dann statten sie der prima in Köln einen Besuch ab. Bei einer Wanderung zeigen wir ihnen die Dhünntalsperre, in der auch der kleine Hof des Auswanderers versunken ist.