Schlaganfall – Hoffnung auf mehr Geduld und Alltag (Folge 3)

Seit zwei Tagen befinde ich mich nach der ambulanten neurologischen Reha im Zustand „aktiver Nachsorge“. Es ist gelungen, den Stapel von Papieren zu ordnen, abzuheften und einige in Plastikhüllen oder Briefumschläge zu verstauen – letzteres eine akrobatische Übung, ohne die linke als gleichberechtigte Hand einsetzen zu können.  Die „schwache Hand“ (, wie sie der Orthopäde nennt,) hat per Rezept erste Ergotherapie-Termine ab Mitte Februar. Bis dahin zuhause elektronische Animation der Muskeln, noch minimale Kraftübungen mit Geräten, die mir auch ein Gitarrist empfahl, Alltagstraining mit Wäscheaufhängen, Spülmaschine betreuen, Rosenkohl schälen usw. …Einkaufen mit neu erworbenem „Hackenporsche“ hake ich als Bewegungstraining ab und bin froh, dass die beste Nachbarin von allen manches per Auto heranschafft.

Handyfoto zum Beginn der neurologischen Reha am 18.12.wie von allen Patientinnen und Patienten – damit niemand zwischen den Etagen und Behandlungsräumen verloren gehen kann.

Zwei Monate nach dem Schlaganfall bleibe ich dankbar für die freundschaftliche Ermutigung von vielen Seiten, die es mir leichter macht, Hilfe zu akzeptieren und Geduld mit der linken Hand zu haben. Kocht die hilflose Empörung hoch, versuche ich wie die US-Marinetaucher zu atmen – was so viel Konzentration verlangt, dass die Wut fortgetrieben wird. Stattdessen können Bilder auftauchen wie das vom sommerlichen Schwimmen in einem See. Ein Wunsch, ein Ziel, das sich auf der Intensivstation zwölf Stunden nach dem Schlaganfall das erste Mal vor meine Augen schob.

Kleine Erinnerungen an die ambulante Reha

Der Fahrdienst holt mich frühestens um 6:30 Uhr ab. Mit dem Rest Kaffee und im Mantel an der Tür gewartet, damit niemand klingelt und keiner wach wird.

Eine Mitpatientin entdeckt im Gespräch, dass ich Mitautorin des Mädchen-Aufklärungsbuches bin, dass ihr 1995 mit 14 eine Lehrerin lieh. Sie hat es heimlich unter der Bettdecke studiert.

Ein Mann wird morgens mit Rollstuhl zur Reha abgeholt. Einige Wochen später reicht ihm ein Rollator.

Reißverschlüsse können hakelig sein – ein Mitpatient rät zur Kletterhose mit breitem Elastikbund.

Jeder hat hier seine „Schwäche“ mehr oder weniger augenfällig. Bei manchen fällt sie erst auf, wenn sie bei Gleichgewichtsübungen nach der rettenden Ballettstange greifen. „So viel wie geht“ heißt es.

Frisches Wasser zapfen und viel trinken, lautet die Devise. Aber wie gut tut die Schokolade für 50 Cent aus dem Automaten – ein Geschmack von Schulzeit. Nur dass die Becher heute aus Porzellan sind.

Mit der VR-Brille in der Ergotherapie einen Drachen zu lenken versucht. Ein Kindertraum, denn der zu schwere Stoff-Drachen ist damals nie bis an Wolken gestoßen.

Tanztherapie bringt jeden zum Lächeln, auch die Traurigen,, denen die Sprache abhandengekommen ist. CB

Parkplatz in der Reha – Raum für Phantasien

Ein Kommentar zu „Schlaganfall – Hoffnung auf mehr Geduld und Alltag (Folge 3)

  1. Ja, Geduld üben fällt oft schwer. Aber Du „arbeitest“ wunderbar mit. Es wird … 🙏🫂

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