Eine Bemerkung vorab: Schwer ins Wanken geraten ist mein Vorsatz, durch den „Zettelskrom“-Blog keine besserwisserischen Ansichten zu vertreten oder Kontroversen weiter anzufeuern. Aber Schweigen ist auch falsch angesichts der Bilder der sich drängenden Menschen auf dem Flughafen von Kabul, dem Eingeständnis einer falschen Einschätzung der Lage und dem angeblich bereits monatelangen Arbeiten an Verfahren zur Evakuierung gefährdeter afghanischer Ortskräfte (Auswärtiges Amt am 16.8.2021).
Ein Déja Vu: die Forderungen von EU-Politiker*innen, den Menschen in Afghanistan ein Leben in Sicherheit und Würde zu ermöglichen. Die Rechte der Frauen seien zu schützen. So schon gehört vor 20 Jahren – nach den Anschlägen vom 11. September. Das klang positiv und ermutigend bei allem Kriegslärm. Ich erinnere mich an Berichte über Schulen für Mädchen, die erste Fahrschule für Frauen und nicht zu vergessen Porträts mutiger Politikerinnen und Kooperationen mit Hilfsorganisationen. Prominente Frauen hierzulande starteten Spenden-Aktionen. In den Jahren danach einzelne verstörende Nachrichten über Anschläge auf Frauenrechtlerinnen. So gut wie nichts mehr über den Alltag der afghanischen Flüchtlinge im benachbarten Pakistan, über die Koranschulen, die sich für zuständig hielten, Bildung zu vermitteln.
„Afghanistan. Unser verwundetes Land“ – dieser 90-minütige Dokumentarfilm von 2020 entfaltet mit Archiv-Material, das bis in die 1970er-Jahre reicht, die Vielfalt des Lebens zwischen Moderne -Hippies und Modenschauen in Kabul- und Tradition in den ländlichen Gebieten. Die erste afghanische Frauenministerin kommt zu Wort, eine Ärztin und „Miss Afghanistan“. Es geht um die Vielfalt der Schicksale afghanischer Frauen. Was ich wegen ihrer jahrzehntelangen Leidensgeschichten auch für ein Stück ausgleichende Gerechtigkeit halte.
Sendetermin z.B. NDR in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, 18.August 2021, 0:00 bis 1:30 Uhr
und in der 3Sat-Mediathek. Noch ausführlicher – und mit mehr männlichen Protagonisten – der Vierteiler „Afghanistan. Das verwundete Land“, ebenfalls von NDR und Arte koproduziert. Aus aktuellem Anlass derzeit in verschiedenen Programmen.

Witwe vor den von den Taliban zerstörten Villen in Kabul. (c)U.Meissner/Kabul 2001
Das Foto aus dem Jahr 2001 hat mir Ursula Meissner zur Verfügung gestellt, die seit Jahrzehnten auch in Afghanistan arbeitet. Sie nennt sich auch „Kriegsfotografin“ und ist überzeugt, dass trotz der Flut der Fotos manchmal ein Bild, ein einzelnes Gesicht die ganze Geschichte eines Konflikts erzählen kann.
Nein, in Afghanistan war ich selbst nie. Aber habe am 21.März 1986 in Paris das afghanische Neujahrstag, Nauruz, feiern dürfen. Ein afghanischer Student hatte eine polnische Freundin aus dem Sprachkurs und mich eingeladen dazu. Es war fröhlich, laut und etwas anstrengend, was an meinem Französisch lag. Einmal hat der Student auch für uns gekocht in der wohl repräsentativeren Wohnung eines Bekannten. Der Kamin im Wohnzimmer diente als Grill für das Kaninchen, im Reis verbargen sich Rosinen.
Heute stammt mein Internist im Kölner Vorort aus Afghanistan. In Kabul hat er das deutsche Realgymnasium besucht bevor er zum Studium hierherkam. Er gehört zur Minderheit der Hindus in Afghanistan, was schon wieder eine andere Geschichte ist…
„Zettelskrom“ das sind keine besserwisserischen Ansichten, das sind Ereignisse die einem durch die Haut gehen.
Viele Fragen sind offen welche die sogenannten „Alliierten“ geritten haben solch eine Einschätzung zu manifestieren.
„Hochgebildete und Ranghöchste“.
Ich hoffe nur das wir das in den Griff bekommen, wir dürfen nicht zusehen. „Zettelskrom“ das Du über dieses schreckliche Ereignis schreibst und berichtest ist richtig und wichtig.
Schweigen hilft da nicht.
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